VERY BRITISH
Kenner halten das Erstlingswerk Trial by Jury (1875) für das beste Stück des berühmten englischen Operettenduos Gilbert & Sullivan; der
Markenkern ihrer späteren Erfolgswerke
wie Die Piraten von Penzance oder Der
Mikado ist hier bereits enthalten. Gilbert,
der selbst einige Jahre als Anwalt
gearbeitet hatte, nimmt die englische
Gerichtsbarkeit und die Heuchelei der viktorianischen Upper Class liebevoll aufs Korn. Lebemann Edwin muss sich vor Gericht verantworten, weil er sein Eheversprechen gebrochen hat.
Die Braut rauscht im Hochzeitskleid
samt ihren Brautjungfern herein und
klagt ihren Bräutigam an. Dessen
Verteidigung basiert auf dem Argument,
dass ihm die Liebe zu einer einzigen
Frau irgendwann langweilig geworden
sei. Die Glanzpartie des Stückes ist
die des Richters, der am Schluss die
verlassene Braut einfach selbst heiratet.
Sullivan lieferte für diese Musiksatire
einen rhythmisch tänzerischen und
volkstümlichen Ton.
MOLTO ITALIANO
Im zweiten Teil die-
ses rasanten juristischen Operndoppel-
abends geht es von London nach Florenz.
Auf dem Sterbebett enterbte der stein-
reiche Buoso Donati seine Angehörigen,
um all seinen Besitz der Kirche zu
vermachen. Doch der listige Gianni
Schicchi hat eine Idee, wie die
habgierige Familie trotzdem noch an
dessen Erbe kommen kann. Da noch
niemand vom Tod des Alten weiß,
schlüpft Schicchi einfach selbst in
dessen Bett und mimt den Sterbenden,
der seinem Arzt weismacht, dass es
ihm besser geht und dem Notar eine
Testamentsänderung diktiert. Die fällt
jedoch ganz anders aus, als es sich die
Verwandten erhofft hatten…
In seiner einzigen Buffo-Oper, die als
Einakter zu Il Trittico (1918) gehört,
beweist Puccini, dass er neben dem
großen Operndramatiker auch ein bitter-
böser Humorist ist; Gianni Schicchi ist
eine hinreißende Erbschleicher-Komödie
im Gewand der Comedia dellarte.
Es können Gebühren anfallen!